ZIA Frühjahrsgutachten 2022 – Handel und Hotellerie weiterhin gefährdet

  • Gesamtwirtschaftliche Entwicklung: Bauinvestitionen steigen wieder – ebenso wie die Preise
  • Einzelhandel und Innenstadtentwicklung: Unterstützung schützt weiterhin nicht vor Insolvenzen und Schließungen
  • Hotelimmobilien: Lage bereitet weiterhin Sorgen
  • Wohnimmobilien: Nachfrage nach größeren Wohnungen wächst
  • Büroimmobilien: Diskussionen um Homeoffice-bedingte Flächenreduktionen abgeflacht
  • Logistikimmobilien: Höhere Nachfrage lässt Mietpreise steigen
  • Unternehmensimmobilien: Neue Rekordmarke beim Investmentvolumen
  • Pflegeimmobilien: Steigender Pflegebedarf braucht differenzierte Anbieterstruktur

Der Handel und die dahinterstehenden Immobilienunternehmen blicken in eine Zukunft mit hohen Unsicherheiten. Für viele Betriebe, die im vergangenen Jahr vom Lockdown und aktuell von starken Zutrittsbeschränkungen betroffen waren und sind, stellt sich die derzeitige Lage ausgesprochen schwierig dar. Zu diesem Ergebnis kommt das Frühjahrsgutachten des Rats der Immobilienweisen im Auftrag des ZIA, das heute an den Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesbauministerium, Sören Bartol, übergeben wurde.

„Insolvenzen, Filialschließungen und Entlassungen stehen weiterhin auf der Tagesordnung – die Auswirkungen auf die Innenstädte sind immer noch dramatisch und reißen Lücken ins Stadtbild“, so ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner. Daher lautet seine Forderung an die morgige Ministerpräsidentenkonferenz: „Es muss Schluss sein mit rechtswidrigen Sonderopfern für den Handel. 2G gehört bundesweit abgeschafft und es braucht einen unbürokratischen Schadensersatz für die immensen entstandenen Kontrollkosten – etwa pauschal pro Eingang und Monat – unabhängig von sonstigen Wirtschaftshilfen“.

Die 400.000 Wohnungen aus dem Koalitionsvertrag verbindet der Präsident des Spitzenverbandes der Immobilienwirtschaft mit dem Bundeskanzler persönlich, sie seien eine „Lebensversicherung“ gegen Regulierung: „Jede weitere Regulierung würde an der Olaf-Scholz-Zahl 400.000 nagen“, also, fordert Mattner: „keine Manipulationen an Mietenspiegeln, Hände weg vom Mietrecht, sofortiger Regulierungsstopp und den Turbo einlegen beim Bau“.

Nachstehend die wichtigsten Aussagen des Gutachtens auf einen Blick:

Gesamtwirtschaftliche Entwicklung: Bauinvestitionen steigen wieder – ebenso wie die Preise

Im Jahr 2021 ist die deutsche Wirtschaft mit einem Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 2,7% zwar gewachsen, das Vorkrisenniveau des BIP wurde jedoch noch nicht erreicht. Die Binnenwirtschaft, insbesondere der konsumnahe, von Corona-Schutzmaßnahmen abhängige Dienstleistungssektor, leistete in den Sommermonaten die höchsten Wachstumsbeiträge. Die Versorgungsengpässe bei Vorprodukten und Rohstoffen sorgten dagegen in der Industrie ab dem dritten Quartal für negative Effekte. Die Versorgungsengpässe könnten sich im Laufe des Jahres 2022 auflösen und zu höheren Wachstumsraten im weiteren Jahresverlauf führen.

Die Bauwirtschaft bildet nach wie vor die verlässlichste Stütze des Aufschwungs, ohne jedoch im Jahr 2021 für größere zusätzliche Impulse gesorgt zu haben. Die Materialknappheit in der Branche dürfte im Laufe des Jahres 2022 überwunden sein, sodass sich die Bautätigkeit vor allem im Wohnungsbau nun weiter dynamisch entwickeln kann. Mit der konjunkturellen Erholung dürfte sich zudem die Situation im Wirtschaftsbau verbessern. Kapazitätsengpässe und der Fachkräftemangel bremsen jedoch eine stärkere Expansion. Im Zusammenhang mit langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie knappem Bauland wird der Nachfrageüberhang zumindest bestehen bleiben. Folglich verteuern sich Bauleistungen und Bauland und somit die Immobilien weiter.

„Die von der Politik beabsichtigte Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, nicht zuletzt durch die Digitalisierung der Verwaltung, den Abbau von Bürokratie sowie durch modulares und serielles Bauen sind valide Ansätze, um Wohnraum schneller verfügbar sowie das Bauen billiger zu machen“, erklärt Prof. Dr. Dr. h.c. Lars P. Feld  (Universität Freiburg), der im Rahmen des Frühjahrsgutachtens 2022 die gesamtwirtschaftliche Entwicklung analysiert hat. „Dem stehen jedoch punktuelle Maßnahmen zum Erreichen der Klimaschutzziele entgegen. So kommen weitere Auflagen für die energetische Sanierung oder die Solarpflicht auf Dächern von Wirtschaftsimmobilien hinzu. Im Rahmen der im Koalitionsvertrag angekündigten Bau-, Wohnkosten- und Klimachecks muss die Politik diese Zielkonflikte auflösen, damit Regulierung und Bürokratie die angestrebte Dynamik im Wohnungsbau nicht bremsen.“

Wirtschaftsimmobilien: Starkes zweites Halbjahr

Auf dem Investmentmarkt für Wirtschaftsimmobilien hinterließen die Reise- und Kontaktbeschränkungen im Frühjahr 2021 zwar noch Spuren. Allerdings nicht mehr so deutlich wie 2020. Das Transaktionsvolumen übertraf 2021 mit rund 60,4 Mrd. Euro das Zehnjahresmittel (52 Mrd. Euro) um 16%. Der Großteil der Transaktionen entfiel auf das zweite Halbjahr. Allein im letzten Quartal wurden 21,8 Mrd. Euro umgesetzt. Büroimmobilien erreichten mit 27,8 Mrd. Euro ein etwas besseres Ergebnis als 2021 (46% des Gesamtvolumens). Logistik- und Unternehmensimmobilien waren mit 10,3 Mrd. Euro beliebter als im Vorjahr (9,3 Mrd. €) und verdrängten in der Gunst der Investoren die Einzelhandelsimmobilien (9,5 Mrd. Euro) erstmals vom zweiten auf den dritten Platz. Auf dem Hotelinvestmentmarkt blieb es erwartungsgemäß bei geringen Umsätzen. Mit etwas über 2 Mrd. Euro wurde dort das niedrige Vorjahresniveau erreicht. Das Transaktionsvolumen mit Pflegeimmobilien und Seniorenresidenzen stieg dagegen auf 3,7 Mrd. Euro.

Einzelhandel und Innenstadtentwicklung: Unterstützung schützt weiterhin nicht vor Insolvenzen und Schließungen

Das Konsumklima blieb im Jahr 2021 durch die Corona-Krise getrübt. Für das erste Quartal 2022 wird wegen Inflationssorgen sowie der aktuellen und zu erwartenden fünften Infektionswelle von einer Verschlechterung der Verbraucherstimmung mit rückläufiger Anschaffungsneigung ausgegangen.

Für den gesamten Einzelhandel wird für 2021 ein Umsatz von 594,4 Mrd. Euro erwartet (+3,1% gegenüber 2020), wobei voraussichtlich 82,2 Mrd. Euro (13,8%) auf den Onlinehandel entfallen. Hohe Umsatzsteigerungen im Bereich der Nahversorgung und des E-Commerce überdecken, dass der innenstadtrelevante Einzelhandel in den Segmenten Textilien, Bekleidung, Schuhe und Lederwaren durch deutliche Umsatzeinbußen gekennzeichnet war. Die Umsätze in den Innenstädten sackten im Vergleich zum Vorkrisenniveau mit -36% besonders deutlich ab. Die nachgebesserten Unterstützungsprogramme reichen weiterhin nicht aus, es drohen Insolvenzen, Filialschließungen und Entlassungen.

Die Perspektiven sind für Teile des Handels abseits der Nahversorgung weiterhin unsicher. Eine hohe Flexibilität bleibt daher notwendig. Gleichzeitig werden die zukünftigen Anforderungen an Einzelhandelsimmobilien durch diverse Trends geprägt. Die Digitalisierung ermöglicht, auf das nachhaltig veränderte Konsumentenverhalten zu reagieren und den Online-Bereich mit stationären Dienstleistungen zu verzahnen. Einiges davon wird bereits realisiert oder erprobt, erfordert jedoch kräftige Investitionen, die für viele kleine und mittelständische Einzelhandelsunternehmen angesichts aufgebrauchter Reserven nicht zu bewältigen sind.

„Es ist zu begrüßen, dass die Politik offensichtlich erkannt hat, dass der Einzelhandel nicht zu den Infektionstreibern gehört“, erläutert Michael Gerling (EHI Retail Institute) der im Frühjahrsgutachten die Einzelhandelsimmobilien analysiert. „Auch wenn zuletzt von der Schließung von Einzelhandelsbetrieben abgesehen wurde, treffen die Zutrittsbeschränkungen große Teile der Branche enorm. Die positiven Effekte der Vermeidung von Schließungen im Einzelhandel werden durch neue Pflichten für die Betriebe kompensiert. Die Zutrittsbeschränkungen für viele Bereiche der Branche führen weiterhin zu einer ausgesprochen angespannten Lage. Die Zugangskontrollen sind aufwändig und sie liegen vollends in der Verantwortung der Unternehmen. Hier wären Maßnahmen einer einheitlichen Organisation ausgesprochen hilfreich.“

Herausforderungen für die zukunftsfähige Innenstadt

Carolin Wandzik (GOS Gesellschaft für Ortsentwicklung und Stadterneuerung mbH) Autorin des Kapitels „Zukunft der Innenstadtentwicklung“ ergänzt: „Jede zukunftsfähige Innenstadt steht vor folgenden Herausforderungen: Sie braucht neue, belebende Frequenzbringer, verkehrsartenübergreifende Mobilitätskonzepte und einen lokal angepassten, vielfältigen Nutzungsmix unter Berücksichtigung bislang weniger in den Innenstädten vertretener Funktionen, wie Wohnen, Bildung, Kultur, Handwerk, Kleingewerbe und Kommunikationsorte, sogenannte dritte Orte. Ebenso muss der öffentliche Raum als wichtiger Kommunikationsraum mit Klimaschutzfunktion aufgewertet werden. Um eine größere Multifunktionalität des Quartiers zu erreichen, bedarf es flexibel nutzbarer Strukturen und Raumangebote. Zudem müssen sich die vielfältigen Innenstadtakteure (lokale Wirtschaft, Eigentümer, Daseinsvorsorge, Kommunalverwaltung, Projektentwickler und Investoren) als Partner im Sinne einer Kollaboration begreifen.“

In der Branche findet bereits eine Entwicklung zu mehr Mixed-Use-Immobilien statt, es wird zunehmend in Quartieren gedacht. Die Kommunen sollten aber den Prozess zur Neuausrichtung der Innenstadtentwicklung initiieren, sie sollten bei der Entwicklung und Umsetzung einer lokal angepassten Innenstadtstrategie personell und finanziell unterstützt werden. Bei der Projektumsetzung haben Eigentümer und Investoren ebenso eine Schlüsselrolle wie die lokal ansässige Wirtschaft, die zu einem attraktiven Nutzungsmix beiträgt, der die Innenstädte einzigartig macht und belebt. Unternehmen im aperiodischen Einzelhandel, in Gastronomie und Kultur sollten daher angesichts anhaltender Corona-Beschränkungen weiterhin unterstützt werden.

Hotelimmobilien: Lage bereitet weiterhin Sorgen

Die Hotellerie ist infolge des fast halbjährigen Lockdowns 2021 und diverser Reisebeschränkungen mit hohen finanziellen Verlusten nach wie vor so stark von der Corona-Pandemie betroffen wie kaum eine andere Branche. Die Übernachtungszahlen waren 2021 ähnlich niedrig wie im Vorjahr. Bis zum Ende des Jahres 2021 ist mit einem Übernachtungsvolumen von rund 315 Mio. zu rechnen, was rund 13 Mio. Übernachtungen mehr als 2020 wären, aber 180 Mio. weniger als 2019.

„Nicht nur Hotelbetreiber blicken mit Sorge in die Zukunft, sondern auch Zulieferer und Dienstleister, Entwickler und Investoren sowie viele Millionen Beschäftigte, die direkt oder indirekt von der Hotellerie abhängig sind“, so Carstensen. „Die Sorge macht sich ebenfalls im Transaktionsgeschehen der Assetklasse bemerkbar, das 2021 stagnierte und somit noch weit von den Rekordzahlen von 2019 entfernt liegt.“

Auf dem Investmentmarkt fanden nur wenige Hotelverkäufe statt. Das Transaktionsvolumen lag zum Ende des Jahres in Summe auf dem Vorjahresniveau von etwas über 2 Mrd. Euro. Zum Vergleich: In den Vor-Corona-Jahren wurde teilweise die 5-Mrd.-Euro-Marke überschritten. Interesse besteht derzeit auch an innovativen Hotelkonzepten oder betreiberfreien Objekten mit Restrukturierungspotenzial. Die Perspektiven für den Hotelimmobilienmarkt bleiben aber unklar. Eine Masseninsolvenz blieb bislang aus und mit Aufhebung des Lockdowns zog die touristische Nachfrage vielerorts – zumindest langsam – wieder an. Trotz positiver Signale von den Berg- und Küstenregionen ist die Lage in Städten mit hohen Anteilen an Geschäftsreisenden und ausländischen Gästen aber bedenklich. Erschwerend sind zudem der ausgeprägte Personalmangel, steigende Kosten beim Bau und im Betrieb sowie die Notwendigkeit, Hotels digitaler und nachhaltiger zu konzipieren. Dies wird zu weiteren Betriebsübernahmen führen und den Bau neuer Hotels bremsen.

Wohnimmobilien: Nachfrage nach größeren Wohnungen wächst

Die Mieten für Wohnungen (Angebotsmieten, hedonisch, nur Bestand) sind auch im Jahr 2021 weiter gestiegen und haben durchschnittlich 8,46 Euro/m² pro Monat erreicht. Der Anstieg war mit +3,7% ähnlich dynamisch wie im Vorjahr (+3,1%). Die Kaufpreise für Eigentumswohnungen haben ihren Anstieg im Jahr 2021 weiter beschleunigt. Im bundesweiten Mittel sind sie im Vergleich zu 2020 um 14,3% auf 3.140 Euro/m² gestiegen. Der Anstieg war damit nochmals leicht stärker als im Vorjahr mit 11,2%.

Beim Neubau von Wohnungen überstieg die Zahl der Fertigstellungen 2020 mit 306.000 Wohnungen erstmals seit 20 Jahren wieder die Schwelle von 300.000. 2021 dürften es rund 315.000 Wohnungen gewesen sein und auch in den nächsten Jahren dürfte der Neubau weiter steigen. „Trotz des hohen Bauüberhangs ist aber der Bau von 400.000 Wohnungen pro Jahr in dieser Legislaturperiode kaum erreichbar“, prognostiziert Prof. Dr. Harald Simons (empirica AG), Autor des Kapitels „Wohnimmobilien und Vorstandsmitglied. „Ein – durch welche Instrumente auch immer bewirkter – weiterer Anstieg der Baugenehmigungen kann sich aufgrund der langen Bauzeit insbesondere bei Geschosswohnungen erst in der nächsten Legislaturperiode in höheren Fertigstellungszahlen auszahlen.“

Familien einen sehr viel größeren Stellenwert einräumen

Vor diesem Hintergrund macht Simons darauf aufmerksam, dass die Zahl der großen Haushalte mit drei und mehr Personen seit 2010 mit 6,6% stärker gestiegen ist als die Zahl kleinerer Haushalte (+3,1%). Während der Anstieg im Neubau sich ausschließlich auf kleinere Geschosswohnungen konzentrierte. Die Folgen gerade für einkommensschwache Familien sind drastisch. Deutlich mehr als 40% aller einkommensschwachen Vier-Personen-Mieterhaushalte in Großstädten wohnen beengt auf unter 80 m² Wohnfläche, fast 20% sogar auf unter 65 m². „Den Städten ist daher dringend anzuraten, zumindest ihre wohnungspolitischen Strategien zu überprüfen und Familien einen sehr viel größeren Stellenwert einräumen“, so Simons. „Weder können es die Städte hinnehmen, dass die Familien die Städte verlassen, noch, dass die verbleibenden Familien derart beengt wohnen. Derart beengte Wohnverhältnisse sind – nicht nur in Zeiten von Homeoffice und Homeschooling – sozial- und wohnungspolitisch inakzeptabel.“

Büroimmobilien: Größtes Fertigstellungsvolumen seit zehn Jahren

Der Markt für Büroimmobilien wird geprägt durch die Auswirkungen der Corona-Krise, ESG und EU-Taxonomie. Diskussionen um Homeoffice-bedingte Flächenreduktionen sind 2021 bereits abgeflacht. Auf dem Investmentmarkt stieg das Transaktionsvolumen 2021 um gut 10% auf 27,8 Mrd. Euro (2020: 25,1 Mrd. €). Die sieben A-Standorte haben an Bedeutung gewonnen und vereinen mit 23,2 Mrd. Euro 83% des Transaktionsvolumens auf sich. In den B-Städten blieb das Investmentvolumen mit 2,5 Mrd. Euro deutlich unter dem Allzeithoch von 2019 (4,4 Mrd. €) und leicht unter dem Niveau des Vorjahres (2,8 Mrd. €). Die C-Städte verbuchten ca. 1 Mrd. Euro Umsatz mit Büroimmobilien. Das entspricht in etwa dem langfristigen Mittelwert. In den D-Städten hat sich das Transaktionsvolumen mit 0,7 Mrd. Euro gegenüber 2020 leicht erhöht.

Der Neubau erreichte 2021 in den 127 Büromärkten mit 2,8 Mio. m² MFG (2020: 2,6 Mio. m²) das größte Fertigstellungsvolumen seit zehn Jahren. Mit 1,5 Mio. m² MFG entfällt der größte Anteil auf die sieben A-Städte (+14% gegenüber 2020). Auch für 2022 sind sehr hohe Fertigstellungszahlen zu erwarten, da sich ein Großteil der laufenden Projekte bereits in fortgeschrittener Bauphase befinden. Größere Verzögerungen sind aufgrund von Materialknappheit und steigenden Baukosten vor allem bei den Neuplanungen zu erwarten.

Qualitativen Ansprüche an die Bürofläche

„In Bezug auf den zukünftigen Büroflächenbedarf ist mittelfristig kaum davon auszugehen, dass Büroflächen im gleichen Umfang abnehmen, wie Homeoffice-Aktivitäten zunehmen werden“, prognostiziert Sven Carstensen (bulwiengesa AG), der im Frühjahrsgutachten die Entwicklung der Büro-, Unternehmens-, Logistik- und Hotelimmobilien analysiert hat. „Auch die qualitativen Ansprüche an die Bürofläche werden weiterwachsen. Büroarbeitende wollen sich auch am Arbeitsplatz wohlfühlen. Büroflächen werden also auch zukünftig nachgefragt – dennoch stehen sie in einem intensiven Wettbewerb zu Remote Work, wodurch sich neue Herausforderungen für Arbeitgeber und nicht zuletzt auch für Immobilieneigentümer und Entwickler ergeben. In einer zunehmend flexibilisierten Arbeitswelt dient das Büro als zentrale Anlaufstelle für den sozialen Austausch, Kollaboration und Kreativität. Das erfordert flexible Raumkonzepte und einen höheren Anteil von Besprechungs- und Konferenzräumen.“

Logistikimmobilien: Höhere Nachfrage lässt Mietpreise steigen

Die Nachfrage nach Logistikimmobilien ist ungebrochen und wird durch den Megatrend E-Commerce weiter befeuert. Zusätzlich wird der versorgungsstrukturelle Nutzen der Logistik infolge der Corona-Pandemie auch in der Gesellschaft höher bewertet. Auf dem Investmentmarkt kehrte das Transaktionsvolumen mit 5,8 Mrd. Euro auf das Vorkrisenniveau zurück. „Zweifellos sind die unterschiedlichen Wertaspekte im Hinblick auf Logistikimmobilien im Verlauf der letzten Jahre und speziell vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie signifikant gestiegen“, so Carstensen. „Die Nachfrage nach attraktiven Lagen, hohen Gebäudequalitäten und schlicht den Logistikdienstleistungen verschiedener Art führten zu immanenten Wertsteigerungen.“ Mit der Nachfrage von Immobilien in den Ballungsräumen sind auch die Mietpreise von Logistikflächen in den Top-Regionen Deutschlands angestiegen. Dort sind die Spitzenmieten seit 2016 besonders deutlich um etwa 14,1% angewachsen. Periphere Lagen gewinnen zunehmend an Bedeutung, ebenso sind Brownfield-Entwicklungen von hoher Relevanz.

Unternehmensimmobilien: Neue Rekordmarke beim Investmentvolumen

Die Aktivitäten auf dem Investmentmarkt für Unternehmensimmobilien erreichten im ersten Halbjahr 2021 nach einem Anstieg von 87% im Vergleich zum Halbjahr davor mit rund 2,9 Mrd. Euro Investmentvolumen eine neue Rekordmarke. Transformationsimmobilien – etwa umgenutzte und revitalisierte Gewerbeliegenschaften sowie ehemalige Produktionsanlagen und Industrieareale mit Nachverdichtungspotenzial – hatten daran den größten Anteil. Mit fast 1,2 Mrd. Euro erreichten diese fast 40% des gesamten Transaktionsvolumens. Auch Lager- und Produktionsimmobilien verzeichneten im gleichen Zeitraum deutliche Zuwächse auf 350 Mio. Euro (+48%) und 922 Mio. Euro (+68%). Bei Gewerbeparks ging das Transaktionsvolumen dagegen aufgrund der Angebotsknappheit um 23% auf 490 Mio. Euro zurück.

Pflegeimmobilien: Steigender Pflegebedarf braucht differenzierte Anbieterstruktur

Das Anlageinteresse in Pflegeimmobilien ist in den letzten Jahren sehr stark gestiegen. Das Transaktionsvolumen ist gegenüber 2011 um 780 % auf rund 3,1 Mrd. Euro gestiegen. Die sehr stabile bzw. aufgrund des demografischen Wandels steigende Nachfrage mit hoher Auslastung der Pflegeeinrichtungen und die in der Pflegebranche üblichen langfristigen Mietverträge minimieren das Investitionsrisiko. Auch wenn die Pflegebranche im Kontext der Pandemie durch die gestiegenen Hygieneanforderungen und Arbeitsbelastungen gepaart mit dem Fachkräftemangel stark unter Druck geraten ist, hatte dieses keine Auswirkungen auf die Entwicklung der Assetklasse der Pflegeimmobilien.

„Die Alterung der Gesellschaft, die Veränderung der Haushaltsstrukturen, aber auch die stärkere Erwerbstätigkeit der Frauen führen zu einem ansteigenden externen Pflegebedarf“, erklärt Carolin Wandzik, die auch das Kapitel „Pflegeimmobilien“ verfasst hat. „Damit die Maxime ‚ambulant und stationär‘ auch zukünftig gelten kann, müssen neben einem flächendeckenden und preislich differenzierten Angebot an Pflegeheimen auch alternative Wohnformen für Pflegebedürftige, wie betreutes Wohnen oder WGs, realisiert werden. Um dieses breite Angebot vorhalten zu können, ist eine differenzierte Anbieterstruktur zu unterstützen. Darüber hinaus ist auch der barrierefreie Umbau von privaten und institutionellen Bestandsimmobilien eine wichtige Säule, bestehende Fördermöglichkeiten sollten hier fortgeführt und ausgebaut werden.“


Hier finden Sie das vollständige ZIA Frühjahrsgutachten 2022 (PDF Download)

Quelle: “Frühjahrsgutachten 2022” ZIA, Pressemitteilung, 15. Februar 2022

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