Von Krise keine Spur am Wohnungsmarkt – Zweithöchstes Transaktionsvolumen zeichnet sich ab

Münchner Rathaus und Frauenkirche
  • Transaktionsvolumen von 15,8 Mrd. Euro (+ 29 % ggü. Q1 – Q3 2019)
  • Auf Unternehmensübernahmen entfallen 40 % des Volumens
  • Öffentliche Hand nur noch für 4 % des Ankaufsvolumens verantwortlich
  • Volumenrückgang im Umland der Top 7

Der deutsche Wohnimmobilienmarkt zeigt sich bislang nahezu unbeeindruckt von den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie. Dies ist nicht nur das Ergebnis u. a. des ZIA-Herbstgutachtens, sondern spiegelt sich auf den ersten Blick auch am Investmentmarkt für Wohnimmobilien wider (Transaktionen ab 50 Wohnungen).

In den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres wechselten Wohnimmobilien für etwa 15,8 Mrd. Euro den Eigentümer. Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum bedeutet dies einen Anstieg um 29 %. Auch das Fünf-Jahres-Mittel wurde um 29 % übertroffen. Die Zahl der gehandelten Einheiten belief sich in den vergangenen neun Monaten auf nahezu 125.000 und lag damit um 39 % über dem Vorjahreswert. Maßgeblich verantwortlich hierfür war allerdings das Auftaktquartal und dabei vor allem die Übernahme von Adler Real Estate durch Ado Properties. In den beiden „Corona-Quartalen“ Q2 und Q3 lagen die Volumina mit jeweils etwa 3,2 Mrd. Euro um 24 % bzw. 27 % unter dem Quartalsdurchschnitt der vergangenen fünf Jahre. „Dass die Volumina in den vergangenen zwei Quartalen unterdurchschnittlich waren, ist jedoch kein Ausdruck einer Zurückhaltung der Investoren. Die Investorennachfrage nach Wohnimmobilien ist ungebrochen und nimmt sogar spürbar zu.

Limitierender Faktor bleibt das Angebot“, konstatiert Karsten Nemecek, Managing Director Corporate Finance – Valuation bei Savills Germany.

Unternehmensübernahmen als Volumentreiber

Vor allem aufgrund der Übernahme von Adler Real Estate entfielen im bisherigen Jahresverlauf fast 40 % des Transaktionsvolumens auf Unternehmensübernahmen. Das ist der höchste Anteil seit dem Jahr 2015, als unter anderem aufgrund der Übernahmen der Gagfah und der Südewo mehr als die Hälfte des Transaktionsvolumens auf solche Transaktionen entfiel. „Die voranschreitende Konsolidierung unter den Wohnimmobilien-AGs lässt immer dominantere Akteure am Wohnungsmarkt entstehen. Dadurch werden potenzielle Übernahmekandidaten aber zunehmend rar. Um das langfristige Portfoliowachstum abzusichern, setzen viele Wohnimmobilien-AGs mittlerweile auch auf den Neubau und übernehmen Projektentwickler und deren Pipeline“, erläutert Nemecek.

Öffentliche Hand zurückhaltender

Mit einem Ankaufsvolumen von etwa 628 Mio. Euro waren kommunale Wohnungsunternehmen bzw. die Öffentliche Hand im bisherigen Jahresverlauf spürbar weniger aktiv als im Vorjahr. Während im Jahr 2019 rund 13 % des gesamten Transaktionsvolumens auf Käufe der öffentlichen Hand entfiel, waren es in den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres nur 4 %. Wie in den Vorjahren auch, entfiel das Gros der Ankäufe der öffentlichen Hand auf Berlin (etwa 76 %). „Der Ausbau der kommunalen Wohnungsbestände steht vielerorts weiterhin auf der Agenda. Im Zuge der COVID-19-Pandemie werden jedoch die Einnahmen der Kommunen sinken, so dass der finanzielle Handlungsspielraum, etwa für die Ziehung von Vorkaufsrechten, kleiner werden dürfte“, erwartet Matti Schenk, Associate Research Germany bei Savills und ergänzt: „Mittelfristig wird die öffentliche Hand als Käufer von Wohnimmobilien vermutlich weniger aktiv sein“.

Berlin bleibt gefragt. Trotz oder wegen Mietendeckel

Mit einem Transaktionsvolumen von über 2,6 Mrd. Euro war Berlin erneut der mit Abstand umsatzstärkste Markt, nicht zuletzt aufgrund des Ankaufs von etwa 3.900 Wohnungen durch den schwedischen Investor Heimstaden Bostad. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ging das Transaktionsvolumen in der Hauptstadt jedoch um 42 % zurück. „Weiterhin sorgt im Berliner Markt der Mietendeckel für eine hohe Verunsicherung. Einige Investoren machen daher vorerst einen Bogen um die Stadt“, beobachtet Nemecek und gibt zu bedenken: „Der geringere Bieterwettstreit bietet opportunistischen Akteuren allerdings auch die Chance, jetzt in größerem Umfang in den Markt einzusteigen“.

Im bisherigen Jahresverlauf verzeichneten zudem die Bundesländer Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen eine hohe Investmentaktivität. Die insgesamt überschaubare Anzahl an Portfolioverkäufen konzentrierte sich fast ausschließlich auf diese drei Bundesländer, wo auch einige Pakete mit einer Einheitenzahl im vierstelligen Bereich den Eigentümer wechselten.

Umland-Boom? Am Investmentmarkt bislang noch nicht

Auch wenn aufgrund der COVID-19-Pandemie bisher keine Auswirkungen auf die Mieten oder Preise festzustellen sind, könnte die Pandemie mittelfristig zu einigen räumlichen Verschiebungen der Nachfrage führen. „Durch die Lockdown-Erfahrung und eine stärkere Homeoffice-Nutzung könnte die bereits vor der Pandemie zu beobachtende Suburbanisierung einen zusätzlichen Schub bekommen“, glaubt Schenk und konkretisiert: „Vor allem gut angebundene Umlandstandorte mit entsprechender Infrastrukturausstattung dürften stärker in den Fokus rücken“. Beim Blick auf das Transaktionsvolumen lässt sich im bisherigen Jahresverlauf allerdings noch kein stärkeres Engagement der Investoren erkennen. Das Transaktionsvolumen in den Umlandregionen der Top-7-Städte belief sich in den ersten drei Quartalen des laufenden Jahres auf 547 Mio. Euro und lag damit um 18 % unter dem Wert im Vorjahreszeitraum.

Ausblick: Zweithöchstes Volumen des letzten zehn Jahre

„Dass der deutsche Wohnungsmarkt sich bislang nahezu unbeeindruckt von der Pandemie zeigt, untermauert den Status von Wohnimmobilien als sicherer Anlagehafen, insbesondere in Deutschland“, erklärt Nemecek und prognostiziert: „Da die Nachfrage nach risikoarmen aber stabilen Anlagemöglichkeiten so hoch ist wie selten zuvor, dürfte zukünftig noch mehr Kapital nach Produkt im Markt suchen“. Vorbehaltlich erneuter deutlicher Einschränkungen des öffentlichen Lebens ist es daher wahrscheinlich, dass die Aktivität am Wohninvestmentmarkt perspektivisch wieder spürbar zunimmt. Sehr wahrscheinlich wird das Vorjahrestransaktionsvolumen von 17,2 Mrd. Euro in diesem Jahr deutlich übertroffen werden. Damit würde am Ende des Krisenjahres 2020 das zweitumsatzstärkste Jahr aller Zeiten.

Quelle: www.savills.de

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  • Münchner Rathaus und Frauenkirche: © Manfred Steinbach/ Fotolia.com